Qualzucht: zwischen Polemik und Pauschalisierung

[…] Zuchtausstellungen haben sich zu einem Zirkus persönlicher Eitelkeiten auf Kosten defektbelasteter Tiere entwickelt. Was fehlt: eine entsprechende Aus- und Fortbildung für die Züchter und die Bereitwilligkeit, diese auch in Anspruch nehmen zu wollen. Text Qualzucht Evidenz Netzwerk (QUEN)

 

Mit der Polemik, durch die sich auch die einleitende Aussage auszeichnet, sehen sich Züchter von Rassehunden immer wieder konfrontiert. Die strengen Vorgaben, die nicht nur von allen angehenden Züchter*innen, sondern auch von sämtlichen Zuchthunden erfüllt werden müssen, werden von der Kritik dabei geflissentlich ignoriert: während jeder Züchter die regelmäßige Teilnahme an kynologischen Fachveranstaltungen (Tagungen, Seminaren, Symposien) nachweisen muss, sind zur Zuchtzulassung eines Hundes weitreichende Gesundheitsuntersuchungen, rassespezifische Gentest und eine Verhaltensbeurteilung erforderlich. Die pauschalen Vorwürfe, mit denen Tierschutzinitiativen und politische Unterstützer*innen der kontrollierten Rassehundezucht begegnen, entsprechen also kaum den Tatsachen und dienen maßgeblich der gezielten Desinformation der Öffentlichkeit.

[…]Es gilt zu beachten, dass die überwiegende Anzahl schwerer Defektzuchten außerhalb der großen Zuchtverbände stattfindet. Diana Plange: Tierärzte vernetzen sich, in: Wuff Magazin, Ausgabe 1/2022

 

Dass sich die Problematik maßgeblich auf die unkontrollierte Vermehrung von Rassehunden außerhalb der zuchtbuchführenden Vereine zurückführen lässt, ist nicht nur mit eindeutigen Zahlen belegbar (im Jahr 2018 belief sich bspw. die Zahl der Neuregistrierungen für Hunde der Rasse Französische Bulldogge über das Haustierregister TASSO auf 11.203, während in VDH-Zuchten pro Jahr nachweislich kaum mehr als 200–300 Welpen fallen), sondern auch den Tierschutzinitiativen bewusst.

Da die Vermehrung von gefragten Rassen zu einem großen Teil in Osteuropa geschieht, wäre es sinnvoll, wenn zumindest keine Preise und Pokale mehr mit Tieren, die Qualzuchtmerkmale aufweisen, gewonnen werden könnten. Brief an Bundesministerin Julia Klöckner, BMEL, vom 24. Juli 2019 Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer

 

Bei den Empfehlungen, die von Tierschützer*innen an die politischen Entscheidungsträger*innen herangetragen werden, ist deshalb auch eine wenig nachvollziehbare Argumentation zu bemerken, mit der die Schuldfrage – trotz besseren Wissens – der kontrollierten Rassehundezucht zugeschoben wird.

Die Tiere werden wie Ware produziert und über Internetportale, auf Tiermärkten oder vom „Züchter des Vertrauens“ gewinnbringend verkauft. […] Bei Hunden […] und anderen sogenannten Haustieren wird nach menschlichen Idealvorstellungen und rassetypischen Vorgaben von Zuchtverbänden unkontrolliert vermehrt. PETA Deutschland: „Diese 17 „Haustiere sind Qualzuchten“ www.peta.de/themen/qualzucht-haustiere

 

Noch weniger differenziert und mit noch pauschaleren, agitatorischen Unterstellungen treten Tierrechtsorganisationen auf. Während die kontrollierte Rassehundezucht mit Zuchtzulassungen arbeitet, für die weitreichende Untersuchungen nachzuweisen sind, und nicht nur die Häufigkeit der Zuchtverwendung einer Hündin, sondern auch die maximale Zahl der pro Kalenderjahr in einer Zuchtstätte erlaubten Würfe reglementiert, gibt bspw. die Tierrechtsorganisation PETA bloß subjektive Einschätzungen wieder, die allein zur Diffamierung taugen. Dass die Züchter*innen der Rassehundezuchtvereine nicht nur allergrößten Aufwand betreiben, um die Gesundheit ihrer Nachzuchten gewährleisten zu können, und jeder Wurf verantwortlich geplant wird, lässt die Argumentation dabei genauso außen vor, wie die Mühen, die der Auswahl der Welpenkäufer*innen bei jedem Wurf zukommt. Für eine/n verantwortungsbewusste/n Züchter*in ist ein Welpe nie nur eine Ware, die verkauft wird. Ganz im Gegenteil, findet zwischen Züchter*in und Welpenkäufer*in ein lebenslanger, wertschätzender Austausch statt.